Was macht eine Rechtsanwaltsfachangestellte?
Wer die Erfolgsserie Suits gesehen hat, weiß: Harvey Specter wäre aufgeschmissen ohne seine Rechtsanwaltsfachangestellte Donna. Und tatsächlich ist es auch im wahren Berufsleben so, dass sich die Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen stets auf Deine Arbeit verlassen können müssen. Als ihre rechte Hand bist Du dafür verantwortlich, dass Akten korrekt geführt und wichtige Fristen eingehalten werden. Im Berufsalltag erwarten dich als Rechtsanwaltsfachangestellte:r vielseitige Aufgaben, die höchste Sorgfalt benötigen.
Organisatorische Aufgaben
Du koordinierst nicht nur die Termine mit den Mandant:innen, sondern hast auch stets die Gerichtstermine und Fristen im Überblick. Du führst die benötigten Akten und sorgst immer dafür, dass rechtzeitig alle Unterlagen bereitliegen. Fehlt etwas, greifst Du zum Telefon und kümmerst Dich um Anträge und Auskünfte. Auch E-Mails, das Postfach und die Korrespondenz gehören zu Deinen tagtäglichen Aufgaben als Rechtsanwaltsfachangestellte:r.
Schriftstücke aufsetzen
Schriftliche Stellungnahmen gegenüber einem Gericht, sogenannte Schriftstücke, zählen auch zu Deinen gängigen Aufgaben. Ob Mahnverfahren oder Einstellungsbescheide – du fertigst die Briefe an und versendest sie. Dabei ist größte Genauigkeit gefragt: Nur ein fehlendes Wort kann zum Beispiel ein gesamtes Mahnverfahren ungültig werden lassen!
Rechnungen ausstellen
Du berechnest anfallende Gebühren für ein Erstgespräch oder Kosten für ein gewonnenes Gerichtsverfahren. Diese stellst Du dem:r Mandant:in in Rechnung und hast dabei auch immer im Blick, ob und wann die Zahlung dafür in Deiner Kanzlei eingegangen ist.
Wo kann ich als Rechtsanwaltsfachangestellte arbeiten?
Als Rechtsanwaltsfachangestellte:r arbeitest Du sehr oft in Rechtsanwaltskanzleien. Doch auch bei Banken, Versicherungen, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften oder in Inkassobüros sind Deine Fähigkeiten als ReFa gefragt.
Ausbildung zur Rechtsanwaltsfachangestellten
Wenn Du Rechtsanwaltsfachangestellte:r werden willst, musst Du eine 3-jährige duale Ausbildung abschließen. Das heißt, dass Deine Ausbildung gleichzeitig in Deiner Berufsschule und in Deinem Ausbildungsbetrieb, zum Beispiel einer Anwaltskanzlei, stattfindet. Unter der Woche oder im Blockunterricht am Wochenende wird Dir in der Schule das theoretische Hintergrundwissen beigebracht, das Du in Deinem Betrieb direkt umsetzen kannst.
Über Deine Aufgaben musst Du ein schriftliches Berichtsheft führen, das regelmäßig von Deinem:r Ausbilder:in überprüft wird.
Zu Beginn des zweiten Ausbildungsjahres musst Du eine schriftliche Zwischenprüfung absolvieren. Im Anschluss an die 3-jährige ReFa-Ausbildung erwartet Dich die Abschlussprüfung mit vier schriftlichen und einer mündlichen Prüfung. Hast du die Prüfung erfolgreich bestanden, bist Du staatlich anerkannter Rechtsanwaltsfachangestellter bzw. Rechtsanwaltsfachangestellte.
Welche Voraussetzungen muss ich für die Ausbildung zur Rechtsanwaltsfachangestellten erfüllen?
- Kein Mindestschulabschluss
- Gute Noten in Deutsch, Mathematik und Wirtschaft/Recht
- Sorgfältige und genaue Arbeitsweise
- Organisationstalent
- Kommunikationsfähigkeit
Grundsätzlich kannst Du mit jedem Schulabschluss die Ausbildung zum:r Rechtsanwaltsfachangestellten beginnen. Viele der Ausbildungsbetriebe setzen aber einen mittleren Schulabschluss oder das (Fach-)Abitur voraus.
Im Berufsalltag sind gute Noten in Mathematik, Deutsch und Wirtschaft bzw. Recht von Vorteil. Ein grundlegendes Interesse an rechtlichen Themen ist Grundvoraussetzung und wichtiger als sehr gute Schulnoten. Auch Fähigkeiten wie Sorgfalt und Genauigkeit sowie ein gewisses Kommunikationsgeschick sind für die Arbeit im Rechtsbereich wichtig.
Wie läuft die Ausbildung zur Rechtsanwaltsfachangestellten ab?
Duale Ausbildung bedeutet, dass Theorie und Praxis gleichzeitig ablaufen. Du arbeitest normal in Deinem Ausbildungsbetrieb und besuchst an einigen Tagen die Berufsschule.
Theorieunterricht
In der Schule wird Dir das notwendige Fachwissen aus den Bereichen Recht, Wirtschaft und Rechnungswesen beigebracht. Inhalte, die Dir begegnen werden, sind zum Beispiel:
- Daten- und Textverarbeitung
- Rechtspflege
- Allgemeine Wirtschaftslehre
- Kosten- und Gebührenrecht
- Zivilprozessrecht
Auch allgemeinbildende Fächer wie Wirtschafts- und Sozialkunde sind immer Teil einer Ausbildung.
Praxis
In der Kanzlei wirst Du direkt in die typischen Aufgaben eingearbeitet. Du lernst, wie man Akten führt, Mandanten empfängt, Schriftstücke verfasst und wie man mit Terminen und Fristen richtig umgeht. Anfangs schaust Du dabei oft nur zu, mit der Zeit darfst Du aber immer mehr Aufgaben selbständig übernehmen.
Zwischenprüfung
Die Zwischenprüfung soll am Anfang des zweiten Ausbildungsjahres stattfinden. Sie findet in den Prüfungsbereichen Kommunikation und Büroorganisation sowie Rechtsanwendung statt. Für die beiden schriftlichen Prüfungen hast Du je 60 Minuten Zeit.
Abschlussprüfung
Die Abschlussprüfung findet am Ende der Ausbildung zur Rechtsanwaltsfachangestellten statt. Sie besteht aus vier schriftlichen und einer mündlichen Prüfung.
Schriftliche Prüfung
Die schriftliche Prüfung wird mit insgesamt 85 % gewichtet und umfasst vier Prüfungsbereiche:
- Geschäfts- und Leistungsprozesse: In 60 Minuten musst Du fallbezogene Aufgaben schriftlich bearbeiten. Dabei sollst Du zum Beispiel nachweisen, dass Du arbeitsorganisatorische Prozesse sowie Büro- und Verwaltungsaufgaben planen, durchführen und kontrollieren kannst. Auch die Aktenbuchhaltung und Aufgaben im Bereich des Rechnungs- und Finanzwesens sind Teil dieses Prüfungsbereiches.
- Rechtsanwendung im Rechtsanwaltsbereich: In 150 Minuten musst Du fallbezogene Aufgaben schriftlich bearbeiten. Ziel ist es zu zeigen, dass Du rechtliche Sachverhalte erfassen und beurteilen kannst. Außerdem musst Du nachweisen, dass Du in der Lage bist, Maßnahmen im Zivilprozess- und Zwangsvollstreckungsrecht vorzubereiten, durchzuführen und zu kontrollieren. Nicht zuletzt geht es auch darum, fachkundliche Texte zu formulieren und zu gestalten. Auch die Verwendung der fachbezogenen englischen Sprache wird bewertet.
- Vergütung und Kosten: In 90 Minuten musst Du fallbezogene Aufgaben schriftlich beantworten. Dabei sollst Du nachweisen, dass Du in der Lage bist, Werte, Gebühren und Auslagen für Vergütungsrechnungen zu ermitteln und diese zu erstellen. Außerdem sollst Du zeigen, dass Du Kostenfestsetzungsanträge und Anträge auf Vergütung im Prozesskostenhilfeverfahren erstellen kannst. Auch Gerichtskostenvorschüsse und Gerichtskostenrechnungen sind Teil der Prüfung.
- Wirtschafts- und Sozialkunde: In 60 Minuten musst Du fachbezogene Aufgaben schriftlich bearbeiten. Du sollst zeigen, dass Du allgemeine wirtschaftliche und gesellschaftliche Zusammenhänge der Berufs- und Arbeitswelt darstellen und beurteilen kannst.
Mündliche Prüfung
Die mündliche Prüfung findet im Bereich Mandantenbetreuung statt. Sie zählt 15 % und dauert 15 Minuten. In der Prüfung wird ein fallbezogenes Fachgespräch geführt. Du sollst zeigen, dass Du Mandanten serviceorientiert betreuen, die notwendigen Auskünfte einholen und erteilen sowie Konfliktsituationen bewältigen kannst. Der Prüfungsausschuss wählt hierfür eines der folgenden Gebiete aus:
- Zivilrechtliches Mandat
- Zwangsvollstreckungsrechtliches Mandat
- Vergütung und Kosten im zivilrechtlichen Mandat
- Zahlungsverkehr
Weitere Infos zum Ablauf und den Ausbildungsinhalten findest Du in der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Rechtsanwaltsfachangestellte.
Rechtsanwaltsfachangestellte: Gehalt während der Ausbildung
Dein Gehalt als Rechtsanwaltsfachangestellte:r in Ausbildung wird nicht einheitlich geregelt, sondern von Deinem Ausbildungsbetrieb frei vereinbart. In einer kleinen Kanzlei wirst Du wahrscheinlich weniger verdienen als in Großkanzleien oder bei Wirtschaftsprüfungsgesellschaften.
Generell gibt die Rechtsanwaltskammer aber Empfehlungen für ein angemessenes Ausbildungsgehalt. Während Deiner Ausbildung zum:r Rechtsanwaltsfachangestellten kannst Du ungefähr folgendes Gehalt erwarten:
- Im 1. Ausbildungsjahr: circa 550-1.100 Euro brutto
- Im 2. Ausbildungsjahr: circa 649-1.200 Euro brutto
- Im 3. Ausbildungsjahr: circa 725-1.300 Euro brutto
Rechtsanwaltsfachangestellte: Gehalt nach der Ausbildung
Mit abgeschlossener Ausbildung erwartet Dich ein Gehaltssprung. Wie hoch Dein Verdienst letztendlich wird, hängt von unterschiedlichen Einflüssen ab. So wirken sich zum Beispiel der Wohnort, die Branche, eine mögliche Tarifbindung und die Unternehmensgröße auf Dein Rechtsanwaltsfachangestellten-Gehalt aus. Du kannst aber mit einem Einstiegsgehalt von etwa 2.150 Euro rechnen. Mit zunehmender Berufserfahrung und Weiterbildungen wird Dein Gehalt weiter ansteigen.
Gehaltsunterschiede in den Bundesländern
Zwischen den Bundesländern gibt es fast immer Schwankungen beim Gehalt. Auch auf das ReFa-Gehalt wirkt sich der Wohnort aus. Durchschnittlich verdient ein Rechtsanwaltsfachangestellter in Deutschland 3.090 Euro. Am besten bezahlt wirst Du in Bayern, am wenigsten Gehalt bekommst Du in Thüringen.
Quelle: Bundeagentur für Arbeit (2023). Entgeltatlas – Entgelt für den Beruf: Rechtsanwaltsfachangestellte/r. https://web.arbeitsagentur.de/entgeltatlas/beruf/7950
Wie kann ich mich als Rechtsanwaltsfachangestellte weiterbilden?
Weiterbildungen sind immer eine gute Gelegenheit, sich fachlich weiterzuentwickeln oder die Chancen auf Positionen mit mehr Verantwortung – und mehr Gehalt – zu erhöhen.
Generell unterscheidet man zwischen Anpassungs- und Aufstiegsfortbildungen. Auch ein Studium ist eine Weiterbildungsmöglichkeit.
Anpassungsfortbildung
In Lehrgängen kannst Du Dein Fachwissen aktuell halten und erweitern. Typische Themengebiete sind hier zum Beispiel Finanz- und Rechnungswesen, Korrespondenz oder Büro und Sekretariat.
Aufstiegsfortbildung
Willst Du Karriere machen und als Rechtsanwaltsfachangestellte:r mehr verdienen, ist eine Aufstiegsfortbildung die richtige Wahl. Möglichkeiten sind zum Beispiel:
- Rechtswirt:in
- Rechtsfachwirt:in (nach mind. 2 Jahren Berufserfahrung)
- Rechtsassistent:in
- Betriebswirt:in – Recht
Studium
Auch ein Studium kannst Du an Deine Berufsausbildung anschließen. Am einfachsten ist es, wenn Du das (Fach-)Abitur in der Tasche hast. Aber auch mit der mittleren Reife und Deiner abgeschlossenen Ausbildung zum:r Rechtsanwaltsfachangestellten kannst Du unter Umständen ein Studium beginnen. Passende Studiengänge sind beispielsweise:
- Wirtschaftsrecht
- Rechtswissenschaft (Jura)
- Steuerwesen
- Öffentliches Recht
Fazit: Warum sollte ich Rechtsanwaltsfachangestellte werden?
Als Rechtsanwaltsfachangestellte:r bist Du in jeder Kanzlei gefragt. Noch bevor die Mandant:innen mit den Rechtsanwält:innen ihre Anliegen klären, bist Du die erste Anlaufstelle. Telefongespräche führen, Termine koordinieren und wichtige Schriftstücke aufsetzen – der Arbeitsalltag der Rechtsanwaltsfachangestellten ist sehr abwechslungsreich. Trotzdem musst Du nicht befürchten, wie Deine Rechtsanwaltskolleg:innen quasi permanent Überstunden zu machen. Dich erwartet meistens eine reguläre 40-Stunden-Woche. Auch wenn Dein Einstiegsgehalt nicht sonderlich hoch ist, kannst Du in der richtigen Branche mit Fort- und Weiterbildungen ein gutes Gehalt erreichen.