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Urlaubsanspruch bei Kündigung – Wie viel Urlaub steht Dir zu?

  • Autor: Natalie Müller
  • Aktualisiert: 09.01.2024
  • Lesedauer: 10 Minuten
Titelbild: Urlaubsanspruch bei Kündigung - Wie viel Urlaub steht Dir zu?

Dein langgeplanter Urlaub steht vor der Tür und Du erhältst die Kündigung – oder hast selbst gekündigt. Fällt der Urlaub jetzt ins Wasser? Nein. Dein Urlaubsanspruch gilt auch bei einer Kündigung.

Jährlich hast Du Anspruch auf mindestens 20 volle Urlaubstage bei einer 5-Tage-Woche oder 16 Urlaubstage bei einer 4-Tage-Woche. Wie viel Resturlaub Dir bei der Kündigung noch zusteht, hängt vom Zeitpunkt der Kündigung ab: Bis zum 30.6 erhältst Du pro gearbeiteten Monat 1/12 des Jahresurlaubs als Resturlaub. Scheidest Du im 2. Halbjahr aus, steht Dir der komplette Jahresurlaubsanspruch zu. In diesem Artikel erfährst Du weitere wichtige Informationen zum Urlaubsanspruch nach einer ordentlichen oder fristlosen Kündigung und wie Du ihn berechnest.

Was sind die gesetzlichen Regelungen des Urlaubsanspruches?

Der Urlaubsanspruch für alle Arbeitnehmer in Deutschland ist im Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) geregelt.

Das wahrscheinlich Wichtigste ist die Höhe des Mindesturlaubsanspruchs: Alle Arbeitnehmer müssen mindestens 4 volle Wochen im Jahr Urlaub haben. Das sind bei einer 5-Tage-Woche 20 Urlaubstage, bei einer 4-Tage-Woche entsprechend 16 Tage. Die meisten Tarifverträge bieten mehr Urlaubstage. Ein Blick in Deinen Arbeitsvertrag lohnt sich also.

Wie viele Stunden Du pro Woche arbeitest, spielt beim Urlaubsanspruch keine Rolle – es zählen allein die wöchentlichen Arbeitstage. Also auch wenn Du, überspitzt dargestellt, 1 Stunde pro Tag an 5 Tagen in der Woche arbeiten müsstest, hast Du mindestens 20 Urlaubstage pro Jahr.

Im § 4 des Bundesurlaubsgesetzes ist geregelt, dass Dir der volle Urlaubsanspruch erstmalig nach 6 Monaten im neuen Arbeitsverhältnis zusteht. Das bedeutet jedoch nicht, dass Du bei der Kündigung in der Probezeit keinen Resturlaub hast. Dazu gleich mehr.

Weitere wichtige gesetzliche Regelungen zum Urlaubsanspruch

  • § 6: Der Anspruch auf Urlaub besteht nicht, wenn Dir für das laufende Kalenderjahr von einem früheren Arbeitgeber Urlaub gewährt wurde. Das bedeutet: Beim Arbeitsplatzwechsel bekommst Du nicht doppelten Urlaub.
  • § 7 Absatz 1: Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs müssen Deine Wünsche berücksichtigt werden. Es sei denn, dringende betriebliche Belange stehen Deinen Wünschen im Weg.
  • §7 Absatz 4: Kann der Urlaub bei der Kündigung ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er auszuzahlen.

Die Frage „Muss Resturlaub bei Kündigung genehmigt werden?“ lässt sich also leicht beantworten: Dein Arbeitgeber muss Dir Resturlaub bei der Kündigung genehmigen oder aus dringlichen betrieblichen Gründen auszahlen. Ein Ignorieren oder Übergehen ist gesetzeswidrig.

Wie berechnet man den Urlaubsanspruch nach Kündigung?

Für die Berechnung ist es wichtig, zu wann die Kündigung erfolgt: Den vollen Jahresurlaub erhältst Du bei der Kündigung im 2. Halbjahr (also ab dem 1.7). Kündigst Du vorher bzw. wirst vorher gekündigt, bekommst Du anteiligen Resturlaub – 1/12 des Jahresurlaubs pro Monat, in dem Du im Unternehmen arbeitest.

Das mag etwas kryptisch und kompliziert klingen, deshalb haben wir Praxisbeispiele vorbereitet. Doch eine wichtige Regelung vorab:

Manchmal kommen bei diesen Berechnungen keine „vollen“ Tage heraus, sondern Kommazahlen. Dabei gilt: Ist die Zahl nach dem Komma gleich oder größer 5, wird auf den vollen Urlaubstag aufgerundet. Ist die Zahl nach dem Komma kleiner 5, wird nicht abgerundet. Beträgt Dein Resturlaub beispielsweise 5,4 Tage, bekommst Du 5 volle Tage Urlaub und kannst an einem Arbeitstag 3 Stunden und 12 Minuten früher gehen.

Urlaubsanspruch bei Kündigung berechnen – Beispiele

Urlaubsanspruch nach Kündigung im ersten Halbjahr oder innerhalb der Probezeit

Ist Dein letzter Arbeitstag spätestens der 30.6 oder erfolgt die Kündigung innerhalb der Probezeit, hast Du einen anteiligen Urlaubsanspruch – 1/12 des Jahresurlaubs pro Monat, den Du im Unternehmen arbeitest. Natürlich abzüglich der Urlaubstage, die Du schon genommen hast. Die Formel lautet:

Jahresurlaub geteilt durch 12 mal gearbeitete Monate minus bereits genommener Urlaub = Resturlaub nach der Kündigung

Stell Dir vor, dass Du jährlich 30 Tage Urlaub hast. Du kündigst zum 31.3 und hast im Januar 5 Tage Urlaub genommen.

Grafik: Urlaubsanspruch bei Kündigung berechnen (anteilig)

2,5 Resturlaubstage werden auf 3 volle Tage aufgerundet. Dir stehen also 3 Tage Resturlaub zu.

Kündigst Du zum 15. des Monats, bekommst Du für den letzten Monat nicht 1/12 Resturlaub, sondern nur die Hälfte davon.
Nehmen wir das Beispiel von gerade eben, nur dass Du zum 15.3 kündigst:

Grafik: Urlaubsanspruch bei Kündigung berechnen (zur Mitte des Monats)

Du hast damit einen vollen Urlaubstag und kannst an einem Arbeitstag nach nur 6 Stunden Arbeitszeit gehen.

Urlaubsanspruch nach Kündigung im zweiten Halbjahr

Scheidest Du zum 1.7 oder später aus und befindest Dich nicht mehr in der Probezeit, steht Dir der volle Jahresurlaub nach der Kündigung zu – abzüglich der Urlaubstage, die Du schon genommen hast.
Die Formel zur Berechnung lautet also:

Jahresurlaub minus bereits gewährter Urlaub = Resturlaub nach der Kündigung

Stell Dir vor, dass Du zum 30.9 gekündigt wirst. Jährlich hast Du 20 Tage Urlaub, doch davon hast Du schon 8 Tage genommen.

Grafik: Urlaubsanspruch bei Kündigung berechnen (zweites Halbjahr)

Bis zu Deinem letzten Arbeitstag stehen Dir also noch 12 volle Tage Resturlaub zu.

Was passiert, wenn man vor der Kündigung zu viel Urlaub genommen hat?

Dieser Fall tritt häufiger ein, als man vermutet. Ein Beispiel:

Dir stehen 30 Tage Urlaub zu und davon nimmst Du im Februar 15 Tage für eine lange Reise in die USA. Bei Deiner Rückkehr erhältst Du die Kündigung zum 30.5. Laut der Formel stünden Dir aufgerundet „nur“ 13 Tage Urlaub bis zum Ausscheiden zu. Was passiert mit den beiden zu viel genommenen Urlaubstagen?

Kurz gesagt: Nichts. Im Bundesarbeitsgesetz heißt es im § 5 Absatz 3: „Hat der Arbeitnehmer […] bereits Urlaub über den ihm zustehenden Umfang hinaus erhalten, so kann das dafür gezahlte Urlaubsentgelt nicht zurückgefordert werden.“ Das bedeutet, dass Du nicht mehr arbeiten oder Deinem Arbeitgeber etwas zurückzahlen musst.

Nur im anschließenden Arbeitsverhältnis stehen Dir 2 Tage weniger Urlaub zu, sodass Du auf das Jahr gesehen auf die 30 Urlaubstage kommst – oder die Anzahl, die im neuen Arbeitsvertrag festgelegt ist. Das ist im § 6 des Bundesurlaubsgesetzes festgelegt. Deshalb muss Dein Arbeitgeber Dir eine Bescheinigung über den gewährten Urlaub aushändigen.

Urlaubsanspruch nach einer ordentlichen und außerordentlichen Kündigung: Gibt es Unterschiede?

Egal, ob Du ordentlich kündigst oder gekündigt wirst oder außerordentlich (fristlos) – Dir steht immer Urlaub zu. Bei einer fristlosen Kündigung beträgt die Ausschlussfrist 2 Wochen. Je nachdem, zu wann Dein letzter Arbeitstag ist, kann Dein Resturlaub diese 10 Werktage überschreiten. In diesem Fall muss Dein Arbeitgeber die nicht in Anspruch genommenen Urlaubstage auszahlen. Das ist auch der Fall, wenn es nach einer ordentlichen Kündigung betriebsbedingt nicht möglich ist, den Resturlaub zu nehmen.

Urlaubsanspruch bei einer Kündigung innerhalb der Probezeit

Du hast ab dem ersten Arbeitstag Urlaubsanspruch. Deshalb steht Dir auch nach der Kündigung in der Probezeit anteiliger Urlaub zu: Pro gearbeiteten Monat 1/12 des Jahresurlaubs, denn den vollen Urlaubsanspruch hast Du erst nach 6 Monaten Betriebszugehörigkeit. Deinen Resturlaub in der Probezeit berechnest Du also nach der Formel wie bei einer Kündigung im 1. Halbjahr. Ist es nicht möglich, diese Urlaubstage zu nehmen, muss Dir Dein Arbeitgeber den Urlaub auszahlen.

Was passiert mit dem Urlaubsanspruch, wenn ich kündige?

Wenn Du die Kündigung einreichst, hast Du Anspruch auf Urlaub. Wie viele Tage konntest Du mit den obigen 2 Formeln schon berechnen. Sprich das Thema Resturlaub schon bei der Abgabe Deiner Kündigung an. So haben Dein Arbeitgeber: und Du genügend Zeit, die Urlaubstage einzuplanen. Mit Deinem Ausscheiden bekommst Du einen Nachweis über die bereits in Anspruch genommenen Urlaubstage, den Du Deinem neuen Arbeitgeber vorlegst.

Was mache ich, wenn der Arbeitgeber mir den Urlaub nach der Kündigung verweigert?

Nur betriebliche Gründe rechtfertigen es, dass Du den Resturlaub bis zum Ausscheiden nicht nehmen kannst. Dazu zählen beispielsweise Personalmangel oder hohes Arbeitsaufkommen. Es ist jedoch eher unwahrscheinlich, dass dieser Zustand sich über die gesamte Kündigungsfrist hinweg nicht bessert. Suche deshalb das offene Gespräch mit Deinen Vorgesetzten und versuche, eine Lösung zu finden.

Findet sich beim besten Willen kein Zeitpunkt, an dem es betrieblich passt, muss Dir das Unternehmen den Resturlaub ausbezahlen. Verweigert der Arbeitgeber auch das, solltest Du anwaltlichen Rat suchen. Denn der Urlaubsanspruch ist gesetzlich festgelegt und kann nicht umgangen oder ignoriert werden – auch nicht nach einer Kündigung.

Was passiert mit dem Urlaubsanspruch, wenn ich gekündigt werde?

Auch wenn Du gekündigt wirst, steht Dir Dein Urlaub zu. Sprich Deinen Arbeitgeber nach dem Eingang der Kündigung an, wann Du Deinen Resturlaub nehmen möchtest. Weise auch darauf hin, dass Du einen Nachweis über die genommenen Urlaubstage für Deine neue Stelle benötigst.

Kann das Unternehmen Dir aus betrieblichen Gründen nicht den gesamten Resturlaub geben, bekommst Du ihn ausbezahlt – meist mit dem letzten Gehalt.

Wie viel bekomme ich, wenn mir der Urlaub ausgezahlt wird?

Wie hoch Dein Resturlaub vergütet wird, ist klar geregelt:

Zur Berechnung gilt das Gehalt der letzten 13 Wochen inklusive Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, Zulagen und weiteren Boni – jedoch ohne ausbezahlte Überstunden. Dieses Gehalt wird auf ein „Tagesgehalt“ heruntergebrochen und mit Deinem berechneten Resturlaub multipliziert. Du bekommst ihn in der Regel mit dem letzten Gehalt ausbezahlt. Steuerrechtlich gilt ausbezahlter Urlaub als sonstiger Bezug – Du musst ihn also versteuern.

Fazit – Das passiert mit Deinem Resturlaub bei einer Kündigung

Ob Kündigung in der Probezeit, fristlose oder ordentliche Kündigung oder ein Aufhebungsvertrag: In jedem Fall hast Du vom ersten bis zum letzten Arbeitstag Urlaubsanspruch. Wie hoch Dein individueller Resturlaub bei der Kündigung ist, hängt vom Zeitpunkt des letzten Arbeitstages ab: Im 1. Halbjahr und während der Probezeit bekommst Du anteiligen Resturlaub. Im 2. Halbjahr und nach mindestens 6 Monaten Betriebszugehörigkeit hast Du Anspruch auf den vollen Jahresurlaub.

Dein Arbeitgeber muss Deine Urlaubswünsche berücksichtigen und kann Dir nur aus dringenden betrieblichen Gründen den Urlaub verweigern. Dann muss er ihn Dir auszahlen.

Mach Dir im besten Fall bereits vor Deiner Kündigung Gedanken, wann Du Deinen Resturlaub am liebsten nehmen möchtest und sprich Deinen Arbeitgeber zeitnah darauf an. Verweigert er Dir den Urlaub aus nicht-betrieblichen Gründen oder die Auszahlung, solltest Du Dich an einen Anwalt wenden.

Häufige Fragen

Der komplette Jahresurlaub bei Kündigung steht Dir zu, wenn Du zum zweiten Halbjahr, also ab dem 01. Juli kündigst oder gekündigt wirst.
Der 31.7 liegt im zweiten Halbjahr. Bei einer Kündigung steht Dir also der komplette Jahresurlaub zu.
Der Urlaubsanspruch ist abhängig vom Zeitpunkt der Kündigung. Im ersten Halbjahr erhältst Du einen anteiligen Urlaubsanspruch von 1/12 des Jahresurlaubs pro Monat (abzüglich der bereits genommenen Tage). Ab dem 01.07 steht Dir der volle Jahresurlaub zu.